Yin Yoga und Yoga – ein Überblick
Die Asanapraxis
Die Körpergewebe
Von allen Geweben im Körper zielt Yin Yoga auf die Bindegewebe und Faszien ab, die der Ursprung und die Ummantelung von anderen Geweben wie Muskeln, Organen, Knochen und Gelenken sind. Faszien sind Meridiangewebe (strukturierte Wasserkanäle in den Faszien des Körpers, die die Körperenergie, genannt Prana oder Chi, transportieren) und deshalb nicht nur wichtig für das Halten einer Körperposition (z.B. aufrechtes Stehen) sondern auch für die Energiebalance im Körper. Die Muskelgewebe in unserem Körper reagieren auf kurze, rhythmische Impulse und Wiederholungen, weshalb eine dynamische Yogapraxis wie Vinyasa diese optimal anspricht. Faszien (und Bindegewebe) hingegen reagieren auf lang gehaltene Dehnungen – dies ist deine Yin Yoga Praxis. Die Kombination von beiden Arten der Körperarbeit im Yoga (Yin und Yang) ist ideal, um einerseits Kraft und Dynamik, anderseits Flexibilität und Entspannung zu erreichen. Durch die intensiven und lang gehaltenen Asanas wird ein Entgiftungsprozess dieser Gewebe stimuliert, der diese Gewebe beweglich, jung und gesund erhält.
Die Haltung
Yin Yoga bietet dir ein hervorragendes Gegengewicht zum ‚Yang’-Lifestyle von Aktivität, Stärke und Zielorientiertheit, der unser Leben v.a. im Westen seit Jahrzehnten dominiert. Eine Yin Yoga Praxis ist von Ruhe und Reflexion geprägt, eine meditative, heilende Innenschau, kein Handeln sonder ein Geschehen lassen. Manchmal werden dich die Übungen vielleicht fordern und aus deiner Komfortzone herausholen, an anderen Tagen und in anderen Haltungen wird es dir hingegen einfach fallen dahinzuschmelzen und zu geniessen. Die Haltung von Yin Yoga kann am besten so auf einen Punkt gebracht werden: Akzeptiere die Dinge so wie sie momentan sind – Accepting things as they are.
Was ist Yoga?
Das Sanskritwort Yoga wird aus der Wurzel yui abgeleitet, was so viel wie ‚anjochen’ bedeutet. Was aber wollen wir anjochen, verbinden, in eine gemeinsame Richtung lenken? Unseren Körper und unseren Geist, unsere individuelle Seele und die universelle Seele, die Weltenseele.
Dazu gibt uns Patanjali, der als erster das Wissen des Yoga in den Yoga Sutras zusammengefasst hat, einen 8-gliedrigen Pfad vor, den Ashtanga. Dieser Pfad soll uns von dem Gefühl des Getrenntseins hin zur Einheit, zur Liebe, zum Samadhi führen. Eines dieser 8 Glieder ist dasjenige, das wir im Westen vor allem als Yoga verstehen: die Körperhaltungen, Asana genannt. In den Yogahaltungen fühlen wir die physische Form unseres Körper durch die Bewegung, und verbinden die Bewegung mit dem Atem, der für unseren Geist steht. Je ruhiger der Atem wird, trotz einer vielleicht fordernden Yogahaltung, desto ruhiger wird auch der Geist. In der Meditation, einer Yogasitzhaltung, oder auch in anderen Yogahaltungen, erkennen wir durch Beobachtung, Innenschau, wie unser Geist denkt. Das heisst, wir erkennen, dass wir nicht unsere Gedanken sind, sondern stattdessen unsere Gedanken beobachten. Wir nehmen wahr, wie Gedanken auftauchen und wieder verschwinden, während ein Teil von uns nur in der Beobachtung bleibt. In den Yogahaltungen, Asanas, fühlen wir unseren Körper und dessen Energie. In der Meditation bemerken wir unseren Geist und dessen Gedanken. Diese Praxis soll uns dabei helfen an den Ort des Beobachtens in uns zurückzukehren. Denn dort spüren wir, dass wir mehr sein müssen, als nur unser Körper oder nur unsere Gedanken. Was dieses mehr ist – vielleicht unsere Seele, unser spirituelles Selbst – können wir durch keine Analyse, durch kein Argumentieren beweisen.
Dies sind jedoch die Werkzeuge, mit denen wir im Westen erzogen wurden! Yoga stellt für uns ein umso bedeutsameres, wertvolleres Instrument dar, zur Innenschau und zur Beobachtung dessen, was in unserem Inneren Tag für Tag passiert, etwas, das wir so oft ignorieren oder auch meinen ignorieren zu müssen, um zu funktionieren, in unserer Arbeit, in unserer Beziehung, in unserem Umfeld. Und dieses Ignorieren macht uns unglücklich, traurig, aggressiv und ist die Ursache für innere Konflikte.
Benutze Yoga also als ein wunderbares Werkzeug zurück zum Fühlen, zur Innenschau, zum Erkennen dessen was du wirklich bist. Eine Beobachterin von Leid, von Freude, die durch unseren Körper und durch unseren Geist fliessen kann, ohne dass unsere innerste Seele davon jemals berührt werden kann! Yoga ist, was jede:r von uns schon immer war, bevor uns jemand gesagt, hat, dass wir nur so gut wie unsere Leistung sind. Yoga bedeutet Einheit, Wahrheit, Glück und Liebe im Inneren und im Jetzt zu finden, unabhängig davon, was gerade im Aussen passiert. Yoga bedeutet bedingungslose Freiheit unserer Seele.
In den Asana Klassen unterscheide ich Yang-Stile des Yoga – d.h. eine dynamische Yogapraxis, wie Vinyasa, Ashtanga, Jivamukti oder Hathayoga, als Arten von Yogaübungen, die darauf abzielen die Muskeln zu stärken und den Körper zu kräftigen, und Yin Yoga, das zur Erhöhung der Flexibilität im Körper führt, Spannungen in Körper und Geist abbaut und dich auf die Meditation vorbereitet. Beides ist nicht voneinander zu trennen. Erst wenn beide Qualitäten, Yin und Yang, ausgeglichen zueinander vorhanden sind, kann der Mensch in Balance, in Harmonie sein.